Vom Geber und Nehmer

Die hydraulische Steuerung der Rosebud ist ein absoluter Segen. Keine Seilzüge durch das halbe Boot, keine Federn die brechen können, kein Ruderquadrant nimmt den Platz unter Deck weg. Der Autopilot dreht auch nicht am Rad sondern pumpt mit minimalem Energieaufwand Hydrauliköl statt des Steuerrades in den Nehmerzylinder am Ruder. Seit dem Kauf hatte dieser ein kleines Leck. Der Verkäufer fand das ganz normal, ich nicht. Also ging es wieder im Wasser nach der Rumpfüberholung an diese letzte Baustelle, der Revision der Hydrauliksteuerung.

Oben ist der Geberzylinder mit Vorratstank am Steuerrad. Entlüfternippel und Nachfüllöffnung unter dem Plotter/Schalter in der Steuersäule.

Rechts ist der Nehmerzylinder am Ruder (rechts mit Schlauchanschluß), der Ruderschaft mit Kugelgelenk an der Zylinderstange (unten) und der Ruderlagengeber des Autopiloten (schwarz, mitte).
Sicht von Achtern. Über den Ruderlagengeber (rechts) entscheidet der Autopilot wo es hingeht. Die Kolbenstange des Nehmerzylinders ist mit einem Kugelgelenk von unten an den Ruderhebel geschraubt. Dies ist die eine Seite seiner Befestigung.
Und dies ist die andere Seite seiner Befestigung. Ebenfalls eine Kugellagerung, jedoch mit Spiel und deutlich sichtbarer Undichtigkeit. Das Öl tritt am Stb-Ende der Kolbenstange aus dem Zylinder aus.

Das ist nun nicht wirklich beunruhigend, es zeigt aber den Wartungsstau der Vorbesitzer. Die Undichtigkeit beeinflusst noch nicht die Funktion, man kann steuern. Aber igendwann wird es schlimmer und immer mehr Öl muss nachgefüllt werden, bis das System einmal Luft zieht und dann kann es wirklich zur Fehlfunktion kommen. Man muss ja nicht gleich einen neuen Zylinder kaufen, es gibt Reparatursätze, bestehend aus den Dichtungen, O-Ringen und Simmerringen aus Kunststoff.

Reparaturstz mit Dichtungsringen aus dem Internet bestellt. Richtig eingebaut ist danach alles wieder dicht und einen Ölwechsel macht man dabei auch noch gleich.
Und so sieht es ausgebaut, gesäubert und vorbereitet zur Reparatur aus. Oben im Plastikbeutel, der Reparatursatz. Vorgeschrieben vom Hersteller ist Hydrauliköl ISO22 (gelb). Ungewöhnlich sind die Schlüsselweiten der Gabelschlüssel. Selbst das Käfergetriebe brauchte nicht diese Dimensionen.
Zerlegter Zylinder: Das ist alles, mehr ist da nicht drin. Dichtungssimmerringe links, rechts und auf der Kolbenstange in der Mitte. O-Ringe auf den Passflächen der beiden Enden und in den Anschlüßen. Man erstzt sie vorsichtig und achtet auf die Einbaulagen (links, rechts).
Alter Simmerring auf der Kolbenstange unten in schwarz, schwer mitgenommen und Neuer in blau.
Die Zylinderenden haben O-Ringe außen und Simmerringe innen.

Vor dem Zusammenbau alles schön mit Hydrauliköl insoddern, damit es wieder leicht zusammen rutscht. Sprühöl ist übrigens verboten, die beiden Öle können nicht miteinander!

Alles wieder zusammen gebaut und angeschlossen kann das Entlüften losgehen. Eimer, Lappen und einen Entlüftungsschlüssel SW7mm sind nötig – und viel Öl!
Der Zylinder ist mit den Entlüfternippeln nach unten eingebaut. Was ein Quatsch! So kann man ihn nur ausgebaut entlüften. Und dafür müssen die dicken Schläuche mächtig gebogen werden.

Das Entlüften folgt einer Vorschrift des Herstellers Lecomble & Schmitt. Im Wesentlichen öffnet man die Entlüfternippel am Zylinder und dreht am Steuerrad oder schaltet die Pumpe des Autopiloten wechselweise ein. Man wiederholt das ganze für Backbord und Steuerbord mehrere Male, bis keine Luftblasen mehr austreten. Das alte Öl fängt man mit einem dünnen Entlüftungsschlauch am besten in Kunststoffflaschen auf.

Dies ist eine umgedrehte Wasserflasche mit angeklebtem 3/4″ Gewindenippel in der Nachfüllöffnung. So steht beim Entlüften der Anlage immer genug Öl über dem Pumpenniveau, um keine Luft mehr ins System zu ziehen.

Während des Entlüftens muss man ständig Öl am Geberzylinder des Steuerrads nachfüllen. Der Vorratstank fasst höchstens einen Liter Öl. Vor allem sieht man nicht den Füllstand darin und weiß somit nicht, ob man nicht schon wieder Luft angesaugt hat. Deshalb wird die Vorrichtung links immer mit 1,5l Öl gefüllt gehalten. Durch das Plastik sieht man auch bestens, ob noch Luftblasen aus den Schläuchen nach oben steigen. Am Ende pumpt man den Rest Öl nach unten raus und schraubt die Flasche wieder ab.

Eingebaut, entlüftet und das Ruder läuft frei von Anschlag zu Anschlag. So sollte es sein.
Das Stb-Lager hat kein Spiel mehr, dafür ordentlich Fett und der Simmerring um die Stange dichtet auch wieder.

Während das Entlüftens kam rotes Hydrauliköl aus dem System heraus, das ist ISO11 und nicht vom Hersteller zugelassen. Es hat einen geringeren Temperaturbereich als ISO22 und würde sicher auch funktionieren, zumal ich keine Ambition auf kalte Regionen habe, aber es ist nunmal anders spezifiziert und ob hier alle das so mit rotem Öl machen ist mir egal. Es gibt sogar kein ISO22 hier zu kaufen, also bringe ich mir einen 10l Kanister im Auto mit. Da man die Öle mischen darf, kann der Ölwechsel wie das Entlüften erfolgen: immer schön von oben durchgepumpt, bis es unten gelb wird oder wenigstens rosa.

Das benötigte nochmals 5 Liter Öl, bis es halbwegs ausgetauscht war. Dabei stiegen auch nach Tagen noch kleine Luftblasen im Vorratsbehälter auf. Komplett luftleer bekommt man das System kaum, was man an einem weichen Endanschlag des Steuerrades merkt. Eine Fehlfunktion tritt dadurch nicht auf, nur der Autopilot muckt am Anfang etwas, aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden …

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