Zwei Alte zum Eisen

Hartmut kommt zum Segeln für eine Woche. Normalerweise auf den Kanaren eine sonnige Fahrt bei Nordostwind zwischen 3 und 6 Beaufourt. Pünktlich zur Abfahrt stellt sich jedoch eine Westwindlage ein, mit Windstärke 0 bis 7, vielen Wolken und viel Regen. Das gibt es sonst im Winter und nicht im Juni. Bis dahin waren die Kanaren West light geplant, mit Teneriffa als Hauptziel. Eine Rückfahrt von Teneriffa wäre bei diesem Wind aber zumindest ungemütlich geworden.
El Hierro (span. das Eisen) war nur optional im Plan. Sie ist die westlichste Insel der Kanaren und liegt 50 Seemeilen südlich von La Palma. Fast das ganze Jahr über ist sie also nur bei viel Ostwindanteil im Nordostpassat zu erreichen.

Und wieder hat Hartmut ein schönes Video gemacht…

Nun wurde sie des neue Ziel, und die Planung war El Hierro, La Gomera und zurück. Am Samstag reservierten wir dort online ein Auto bei Cicar für den nächsten Nachmittag. Die Autos werden nur auf Zuruf vom Flughafen zum Fährhafen gebracht und das kleine Büro dort ist meist unbesetzt. Um 15:00 Uhr wollten wir da sein, standen um 03:00 Uhr auf und waren um 04:00 Uhr unterwegs. So erreicht man die Beschleunigungszone des Windes an der Südspitze von La Palma gegen Sonnenaufgang und kann die Segel bei Tageslicht prüfen, bevor es im Expresstempo über den Atlantik geht – dachten wir. Das bisschen Wind, das wir nicht hatten kam aus Südwest von vorn, also Motor an und durch die Badewanne Atlantik nach El Hierro.

Selfieversuch mit Störung auf der Rosebud.
Badewanne Atlantik vor der Nordostspitze von El Hierro.
Rosebud in Puerto de la Estaca auf El Hierro.
Mietwagen für den Nullmeridian im Hafen von Estaca.

Dort angekommen legten wir in der ersten freien Box nahe der Hafeneinfahrt mit Seitenwind an. Puerto de la Estaca ist der größere der zwei Häfen auf der Insel und es gibt dort nichts ausser dem Hafengebäude mit Hafenmeister, Cafe und Autovermietung. Zwei Mal am Tag entsteht so etwas wie Geschäftigkeit, wenn die Fähre aus Teneriffa kommt. Sonst herrscht Ruhe und man braucht einen Mietwagen, um den Rest der Insel zu erreichen. Den holten wir sofort ab, und der Vermieter schloss danach den Schalter und fuhr zurück zum Flughafen.

Hafenvideo von Puerto de la Estaca bei Südwind. Fender o Muerte.

Der Hafen wird von der Guardia Civil verwaltet, also der Verkehrspolizei. Diese ist aber sehr entspannt und als wir die zwei Tage bis Dienstag bezahlten, gab es eine Starkwindvorhersage für die Überfahrt nach La Gomera. Also fassten wir Plan B und würden einen Tag länger bleiben, wenn nötig. Am nächsten Tag fuhren wir zum alten Nullmeridian, einem kleinen Denkmal an der Westspitze. Bevor wir nachmittags den Mietwagen zurück geben konnten, kam der Wind und wir verlängerten um einen Tag auf Mittwoch Morgen Abfahrt zur Nachbarinsel. So konnten wir Abends den anderen Hafen La Restinga im Südwesten ansehen.

Faro de Orchilla am Punta de la Palometa. Der westlichste Punkt der bekannten Welt, bevor Columbus nach Indien aufbrach.
Alter Nullmeridian bis 1885.
Das Denkmal für den alten Nullmeridian nahe dem Leuchtturm. Erreichbar nur mit Allrad oder zu Fuss.
Hafen von La Restinga an der Nordostseite von El Hierro. Hartmut kennt hier die Tauchbasen und -plätze von früher.
Es gibt keine Liegplätze für größere Kielyachten am einzigen Steg, nur mit Buganker an der Hafenmauer im Hintergrund.
Tracks hin und zurück. Aus dem Dreieck nach La Gomera wurde nichts.

Am Dienstag erkundeten wir bei Regen den Rest der kleinen Insel, und als der Front noch eine weitere folgen sollte, bereiteten wir eine Starkwindfahrt für den nächsten Morgen vor. Zu dieser kam es aber nicht. Den ganzen Tag schon und die ganze Nacht wurde die Rosebud von seitlichen Winden gegen den Fingersteg gedrückt und schaukelte wie vor Anker. Alle Häfen in den Kanaren sind irgendwie nach Süden hin offen, weil diese Windrichtung selten ist. Dementsprechend genervt waren wir, denn es knarzte und rumste wie in Fahrt. Als der Wind für den Rest der Woche auch noch ungünstig für die Rückfahrt aus La Gomera werden sollte, entschieden wir Plan C: die Rückfahrt direkt nach La Palma und lieber zu Hause Grillen am Pool. So wurde daraus El Hierro und zurück.

Für die Rückfahrt Richtung Norden war die Vorhersage 3-4 aus SW und am Ende für die zwei Stunden an der Westküste von La Palma Gegenwind aus NW. Damit hätten wir fast die ganze Strecke irgendwie segeln können. Nachmittags sollte eine Regenfront durchziehen, weshalb wir wieder um 04:00 los fuhren, um nach neun bis zehn Stunden vor dieser in La Palma zu sein. Die Realität dagegen war die ganze Fahrt NW von 1-2 auf 5 auffrischend und ab 09:00 Uhr eine Gewitterfront für drei Stunden mit Starkregen, die uns von Backbord langsam überholte – Segeln nicht möglich. Nur der Gegenwind am Ende, der stimmte. Damit waren wir nach weiteren 12 Stunden Motorfahrt zurück in Tazacorte.

Rückfahrt im Regen. Nach langer Zeit mal wieder ein Test für die Dichtigkeit von Deck und Luken.
Westküste von La Palma mit Lavafeld vor dem Punte de Lava im Rückseitenwetter.

Dort fingen wir an die undichten Luken zu prüfen und die Kleinigkeiten zu reparieren, die kaputt gegangen waren.
Für den nächsten Tag war Ausruhen und Boot Putzen angesagt. Am Freitag dann kam ruhiger Westwind und wir entschieden zu dritt einen Crashkurs SKS auf dem Atlantik vor La Palma zu fahren.

El Hierro ist noch sehr ursprünglich. Keine Option hier eine Fahrtenyacht länger liegen zu lassen. In Estaca gibt es Liegeplätze aber sonst nichts ausser Hafen und in La Restinga gibt es alles ausser Liegeplätze. Die Versorgung von Segelbooten ist auf den anderen Inseln besser. Wer aber einen ruhigen Tauch- oder Wanderurlaub plant, der ist hier gut aufgehoben. Dort ist alles noch entspannter als auf den anderen Inseln der Kanaren, selbst die Hafenpolizei.

2 Kommentare zu „Zwei Alte zum Eisen

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