Das Schweigen der Hähne

Seit drei Monaten beobachteten wir den Vulkan im Internet. RTV filmte das Ungetüm und sendete live einen Dauerstream. Dazu verglichen wir Hobbyvulkanetten Diagramme von Tremor (Herzschlag), Beben und Deformationen, um die Anzeichen für die Beruhigung zu sehen, die wir sehen wollten.

Seit Wochen lässt der Vulkan nach, die Beben nehmen ab in Anzahl und Stärke, manchmal ein Kracher dazwischen, aber seltener insgesamt. Die echte Anzeige aber waren die Hähne und Hunde auf La Palma, die man morgens im RTV Livestream auf youtube hören konnte. Wenn bei Sonnenaufgang zwischen 8 und 9 Berlinzeit nämlich der Strassenlärm durch schlafende Gaffer weg war, und wenn man dann auf ganz laut stellte, dann fauchte der Vulkan selten und kurz, und dazwischen hörte man die Hähne im Aridanetal krähen und die Hunde bellen, wenn der Vulkan leise genug war.

Seit zwei Tagen ist der Livestream eingestellt. Der Berg raucht nur noch, die Beben werden schwächer und die Erhebungen des Erdbodens gehen langsam zurück. Es quillt noch immer Lava aus der Erde und fliesst ins Meer. Auch entweicht unsagbar viel Gas und Gift. Aber keine neuen Häuser gehen dabei kaputt, denn die Glut bleibt auf alter Lava und wird weniger jeden Tag.

Bild aus der Zeitung eltime.es – Die Asche ist jetzt das Problem.

Die RSAM Kurve als Herzschlag des Vulkans hat sich nach einem letzten Bäuerchen auf 0 reduziert. Bleibt der Druck im Inneren niedrig, dann kristalisiert die Magma aus und stopft alles zu. Genau weiss man das erst, wenn alle Parameter wieder auf normal stehen und keine Reaktivierung statt fand. Erloschen wäre der Vulkan somit erst irgendwann im Januar.

Tremor der Träume – Seit 36 Stunden ist die vulkanische Gesamtaktivität bei 0. Alles wartet vorsichtig auf Tag 3.

Er wird dann alle Rekorde gebrochen haben und die noch da sind, erleben eine andere Insel. Mich erinnert die Zeit an die Wende in Berlin. Eine halbe Stadt voller Ruß musste aufgeräumt werden und ständig waren Strassen woanders als ein paar Tage davor.

Dächer kehren du nun wirst – Das Militär räumt im evakuierten Gebiet Dächer von der Aschelast, während der Stinker für Nachschub sorgt. Bild aus dem Internet.

Der Widerstand der Inselbewohner ist unglaublich. Einfach nur der längste, schlimmste, schmutzigste oder teuerste Vulkan der letzten 500 Jahre zu sein reicht nicht. Da muss man schon mit mehr kommen, um den Willen der Palmeros zu brechen. Sie haben Lava im Blut und scharren mit den Hufen um die Strassen neu zu bauen.

Und wie geht’s jetzt weiter?

Recht einfach, weiter warten und dabei die Zeit nutzen.

Wir scheinen ein neues Haus gefunden zu haben, gar nicht so weit weg vom Tal mit dem Vulkangebiet, aber auf einer 600m „Anhöhe“ – nimm dies die Vulkan! Die Versicherung war so großzügig wie sie sein musste, aber auch nicht mehr – wir haben also weiterhin keinen echten Grund zu jammern.
Sobald die Lava abgekühlt und gasfrei ist, wird Spanien ein Gestetz erlassen, um den geschädigten Grundbesitzern darunter ihr Land „abzukaufen“. Es wird dann ein Naturschutzpark, wie alle anderen Lavaströme zuvor auch, nur viel größer. Dies ist auch dringensd nötig, da nur wenige Landwirte eine Entschädigung für ihre Gebäude bekamen.

Als vor zwei Wochen die nördlichste Lava keine 2km südlich des Hafens ins Meer stürzte, da flüchteten viele Boote auf die anderen Inseln oder in die Karibik. Normalerweise leert sich der Hafen zwar eh um Weihnachten, aber nach diesem neuen Landgewinn wurde vielen mulmig.

Geschliffen, gespachtelt, gestrichen, neue Anoden, Ruderlager ist auch neu und der Propeller glänzt als wäre er aus Messing 😉 .

Die Rosebud stand da schon an Land und wurde sorgfältig überholt. Dabei hatten sie die Leute von Nautica in den Windschatten des Felsens gestellt. So hielt sich die Aschelast in Grenzen. Es gab auch keinerlei Gedränge, denn im Wasser waren ja nicht mehr viele und die Aufträge für die Werft nahe Null. Sonst lassen viele ihre Boote für die Karibik fit machen, bevor sie im November oder Dezember nach Westen aufbrechen. Dieses Jahr auch, nur halt auf Teneriffa oder Gran Canaria. Das feige Gesocks, und dann zum Abschied noch einmal an La Palma vorbei zu Vulkan Gucken!

Das Spiel im Ruderlager war nach unserer Fahrt in den Süden auf über 2cm angewachsen und es wurde erneuert. Der Propeller, Welle, Buchse, alles ausgebaut und abgeschliffen oder neu gefüllt. Der Rumpf hatte einige Osmosegefahrenstellen die gespachtelt wurden und dann kam natürlich feinstes Antifouling drauf.

Dass wir trotz Vulkan nach Tazacorte kamen und auch blieben, sollte uns nicht zum Nachteil werden. Es war der einzige Auftrag der Werft in diesem Jahr und sie haben trotzdem kein Seeventil zu viel getauscht und eine außerordentlich faire Rechnung gestellt.

Mit diesem Unterwasserschiff hat man gleich ein anderes Gefühl. Und scheinbar fahren die beiden auch nur mit Bugstrahlruder, um den schönen Propeller zu schonen…

Bleiben noch die Schäden an den Segeln, aber das ist eine andere Geschichte und sie soll ein anderes Mal erzählt werden. Wer im Januar segeln will, bitte melden!

2 Kommentare zu „Das Schweigen der Hähne

  1. Puh, das hört sich besser an als befürchtet.
    Kauila hatte Osmosestellen als ich sie kaufte, nun ist eine Epoxyschicht unter dem gesamten Boden, sollte also nicht wieder passieren, und bekommt über den Winter neue Takelage (fast fertig). Ich könnte also Januar segeln, aber hier ist es dafür viel zu kalt – wie ist das Wetter da?
    Wo bleibt ihr während ihr nach neuen Häusern schaut?

    1. Das Wetter auf den Kanaren ist selten kälter als 18° (https://www.reise-klima.de/klima/la-palma). Als wir 2003 dort waren, hatte wir den Nordwestwind eines Tiefs über den Azoren. Da wird es dann doch mal schattig, aber sehr selten.
      Die Expoxybehandlung hat das Boot schon vor ein paar Jahren bekommen. Es wurde aber mal von den Spezialisten in der Ostsee falsch aus dem Wasser gehoben und hatte Kratzer davon. Wenn wir da sind, dann können wir bei Freunden wohnen oder wir mieten eine Ferienunterkunft. Es ist im Moment viel frei. Wenn es geht bin ich aber auf dem Boot. Der Hafen in Tazacorte ist einer der besten auf den Kanaren und das Boot liegt an Steg 2, nahe bei der Kneipe.
      Schön dass Kauila wieder fit gemacht wird. Sie ist doch schon tüchtig lange gefahren, für eine Oceanis. Bis bald.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert