Erfolgreicher Fehlschlag

Testfahrt 2 – Boddengewässer im Stettiner Haff 17./18.7.2021

Eigentlich wollten wir in die Ostsee, durch die Kaiserfahrt nach Swinemünde und dann ein großes Dreieck in der Nacht bis nach Greifswald. Aber der Teufel war mal wieder ein Eichhörnchen und der Wartungsrückstand des Vorbesitzers kam noch dazu. Jetzt haben wir eine neue Starterbatterie, neue Impeller und kennen den Kühlkreislauf genau. Nur hätten wir die Reparaturen gerne im Hafen gemacht und nicht vor Anker im Haff.

Bei dir piepts wohl?

Nach Einweisung von Tobias, dem ersten Helfer auf Etappe 1, starteten wir den Motor, machten Checks, diskutierten über den Keilriemen und sahen das Wasser aus dem Auspuff sprudeln. Alles wie immer und die Bilge war trocken. Nach der zweiten Boje piepten die Warnlampen des Kühlwassers. Also raus aus dem Fahrwasser, Motor aus und Anker runter. Der Impeller sah aus wie immer, die Seeventile waren eigentlich offen, standen etwas schief, aber das war noch nie ein Problem. Also neuer Versuch den Motor zu starten, denn es war ja eigentlich nichts.
Motor an, er drehte etwas schwer auf einmal, springt aber wie immer sofort an. Aus dem Auspuff kommt Wasser, nur im Seewasserfilter mit dem transparenten Schraubdeckel sprudelt nichts. Motor aus und Impeller ausgebaut, ihm fehlten einige Hinterseiten der Flügel, von vorn aber sah er in Ordnung aus.

Von außen sieht er doch gut aus. Aber an der Hinterkante hatte er drei Flügel verloren. Ausbauen muss sein zur Kontrolle.

Nun ja, merkwürdig aber kein Drama, es gibt noch zwei als Ersatz. Die Brocken sind entweder zu fassen oder im Schlauch zu fühlen, also erst einmal weiter ohne zusätzliche Demontagen. Einer davon wird eingebaut und der Anlasser dreht wiederrum nur wiederwillig, aber der Motor springt dann doch an. Im Filter sieht man Wasser und aus dem Auspuff auch – also Anker hoch.

Wie kann das sein?

Nach wenigen Minuten piept es im Gleichtakt und die Warnlampen haben aufgegeben. Die Wasserpumpe hat 100°, der Motor entleert seine Kühlflüssigkeit in die Motorbilge und ist unglaublich heiß. Wir schalten ihn sofort ab und setzen Segel. Zum Glück alles schon vorbereitet, und so halsen wir uns zurück zur Hafeneinfahrt um dort zu ankern und den Motor abkühlen zu lassen.
Mit spitzen Fingern, Tuch und Zange holen wir den neuen Impeller wieder raus. Er hat fast alle Flügel verloren und war wohl genau so überhitzt, wie der alte. Aber wie kann das sein? Wasser im Filter und aus dem Auspuff aber kein Durchfluß durch die Seewasserpumpe, ist doch unmöglich.


Die zwei zerstörten Impeller oben und der völlig verstopfte Wärmetauscher unten.

Es ist unglaublich, wie lange so ein heißer Motorblock bei 40° Lufttemperatur im Rumpf zum abzukühlen braucht. Also fangen wir schon mal mit der Demontage der Schläuche und des Wäremtauschers an. Was nach Abgabe aller Körperflüssigkeiten durch die Schweißdrüsen da zum Vorschein kam war unglaublich: neben unseren Impellerresten noch die von wenigstens zwei weiteren. Alles hatte sich vor dem Wäremtaucher angesammelt. Dazu noch Seegras und andere Kleinteile. Der Wärmetauscher war fast vollständig verschlossen und das da kein Wasser mehr durchkam kein Wunder.
Die Lackierung und fehlende Montagespuren zeigten, der Wäremtauscher wurde noch nie zerlegt. Diese Blockade war schon vorher da.

Hätte gehn müssen.

Nachdem die Wut über die Altlast abgeglungen war, bauten wir alles wieder zusammen, setzten den letzten Impeller ein, füllten Kühlmittel auf und starteten den Motor. Wieder Kühlwasser aus dem Auspuff aber immer noch keines im Seewasserfilter und auch die Seewasserpumpe überhitzte sofort wieder. Um diese nicht zu gefährden Motor also wieder aus.
Aus Langeweile wischten wir erst einmal die Bilgen sauber und entdeckten Süßwasser in der Wasserbilge. Die Verteilung des Warmwassers war undicht. Genau hingesehen entdeckte man bei den betreffenden Leitungen andere Schlauchschellen und die alten wurden einfach nach hinten geschoben. Das war also nicht neu und der Vorbesitzer kannte das Problem, verschwieg es aber, weil er es wie alles andere auch nur hingedreht hatte, statt es ordentlich in Stand zu setzen. Wir schalteten also erst einmal das Wasser ab, hatten damit aber auch kein Heißwasser zum Händewaschen mehr.
Nach Analyse der Probleme begannen wir, die Schläuche von Seewasserfilter, Getriebe und Wäremtauscher nacheinander auf die Seewasserpumpe zu legen und zu sehen, ob und wann Wasser aus der Pumpe kommt.

Das muss doch gehn!

Schlauch in einen Eimer, den Motor starten – und nichts tat sich. Die Starterbatterie war platt obwohl sie einen Tag am Landstrom hing und sich in der Anzeige als voll gemeldet hatte. Das sollte nicht sein, ein paar mehr Startversuche als 5 sollte diese wichtige Batterie schon können – wieder eine Altlast! Die Wut wird nur durch den Sachzwang gedämpft jetzt eine Lösung zu finden und weil ein Starthilfekabel an Bord ist. Ich dachte mir, das sei vielleicht mal wichtig.

Schraubär mit Wetshirt und Ölhänden.

Also Strom aus den Versorgerbatterien geholt und den Motor gestartet. Er springt sofort an und die Wasserpumpe pumpt auch ohne Filter und Getriebe wunderbar Wasser in den Eimer. Das Ganze mit zusätzlich Filter und Getriebe wiederholt, gleiches Ergebnis. Warum hat sie das nicht gleich gemacht? Da kann doch nur der Wärmetauscher dicht sein. Also Schlauch drauf und kräftig reingepustet – es gluckert unter dem Rumpf. wie es soll. Wir verstehen nichts mehr und montieren wieder alles so, wie es sein soll.

Um die Konfusion vollständig zu machen, springt der Motor sofort an, und nach einer kurzen Hitzewallung in der Seewasserpumpe läuft er, als sei nichts gewesen. Er erreicht Betriebtemperatur und die Seewasserpumpe steigt nicht mehr über 30°.

Wegen der Batterie und der fehlenden Impellerreserve fahren wir zurück in die Marina und füllen den Flüssigkeitsverlust wieder auf. Dazu gibt es die letzte Gans von Weihnachten, tiefgekühlt für diesen Anlass 🙂 .

Aufklärung

Die Erklärung der Probleme ist eine Kette von Umständen, bei denen man denken könnte, das Boot wehrt sich.

  • Warum überhitzte der Motor?
    Er lief bisher einwandfrei, aber da war es entweder nicht heiß oder die Strecke war kurz. Trotz der Brocken im Wärmtauscher reichte die reduzierte Kühlleistung noch aus. Nachdem der Impeller aber noch drei Flügel dazu gespühlt hatte, war der Wärmetauscher komplett verschlossen und der Infarkt war da. Dazu kam, dass der Klarsichtdeckel des Seewasserfilters einen Sprung oder Riß hatte. Da die Pumpe dort ansaugt, war hierdurch die Förderleistung des Seewasserkreises ebenfalls herabgesetzt. Es wurde Luft angesaugt.
  • Warum kam dann Wasser aus dem Auspuff?
    Die Rosebud hat einen großen Schwanenhals als Auspuff, da steht viel Wasser drin und zusätzlich ein Seewasser Rückschlagventil in Form eines Syphonkanisters. Auch der steht voll Seewasser das erst einmal heraus gepumpt wird.
    Merke: Es muss auch genug Wasser aus dem Auspuff kommen und das lange genug!
  • Warum kam kein Wasser nachdem der Wäremtauscher wieder frei war?
    Es kam ja Wasser, aber wir hatten keine Geduld es abzuwarten. Der Motor saugt das Wasser durch den Seewasserfilter und dann durch das Getriebe in die Pumpe. Das ist eine lange Strecke, die erst einmal gefüllt werden muss bevor die Pumpe Kühlung bekommt. Da wir keinen Impeller mehr hatten, wollten wir den letzten nicht verlieren und schalteten den Motor bei 50° wieder ab. Wir haben auch Wasser in den Filter gefüllt – Angießen nennt man das – aber nicht genug. Man muß auch den Motor an der Kurbelwelle etwas durchdrehen, damit das Wasser durch die Pumpe fließen kann.
  • Wieso ging es dann?
    Mit den Ansaugversuchen füllten wir alle Schläuche mit Wasser. Damit war das System sofort kühlbereit.
  • Und wieso war das Süßwasser undicht?
    Weil der überhitzte Motor den Boiler auf gut 100° aufgeheizt hatte. Das hat die Schläuche weich werden lassen und die Schlauchschellen hielten nicht mehr dicht.

Alles in allem war es zwar ärgerlich nicht die lange Fahrt gemacht zu haben und es war auch sehr anstrengend über dem warmen Motor stundenlang zu schwitzen. Aber insgesamt war es lehr- und für die Fahrt auch hilfreich. Zuerst einmal übten wir so wieder Ankern unter Segel und halsten uns vor dem Wind zurück.
Dann reichte das Werkzeug an Bord für diese Reparaturen aus, es fehlte nichts. Auch waren alle Ersatzteile an Bord und wenn die fünf neuen Impeller da sind, ist wieder alles komplett. Es war genug Kühlflüssigkeit vorhanden und man kam an alles heran. Auch hat man nach so einer Reparatur einen ganz anderen Zugang zu diesen Problemen. So schlimm wird es wohl nicht mehr kommen. Die alte Batterie wäre ohne das Problem nicht aufgefallen und der undichte Filterdeckel auch nicht.
Jetzt ist alles überprüft und ersetzt. Der Motor springt so gut an, dass man den Schlüssel noch nicht losgelassen hat. Die Wasserleitungen sind alle wieder dicht und die Bilgen waren noch nie so sauber.

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