Wir haben ein Boot denn nach der Testfahrt am Wochenende steigt weißer Rauch auf. Der Großteil des Proviants ist an Bord, fast alles funktioniert und die geplanten Zeiten sind realistisch. Die Bilgen sind immer noch trocken, alle Wasserleitungen dicht geblieben und der Motor läuft äußerst zuverlässig.
Ich weiß wo Dein Bier wohnt.
Der Proviant ist auch verstaut. Alle Bilgen sind voller Getränke und obwohl eine Kombiladung voll Nahrung an Bord ist, senkte sich die Wasserlinie kaum und jeder an Bord hat noch immer einen freien Schrank für sich. Nur bei den Verhältnissen stutze ich doch. Nach den Proben vom Sommerfest haben wir jetzt mehr Radler als Bier dabei. Ob das man gut geht?


Alle Bilgen sind voller Getränke. Die Konserven dann als nächstes, wegen dem Schwerpunkt usw. Süßigkeiten, Kekse und Chips sind in den Schaps der Sitzbank. Auf vielfachen Wunsche eines einzelnen Seglers auch Salzstangen, Zwieback und Minisalamis, das meiste auf der Fahrt probiert und für gut gefunden.

Der Herd wurde in den Disziplinen „Erst mal frischen Kaffee“, „Aufbackbrot aufbacken“ und „Gulaschtopf aufwärmen“ geprüft. Diesmal aber nicht die 2. sondern die 1. Liga – mit Seegang. Ging alles und es ist doch immer wieder erstaunlich, wie viel besser der Dosenfraas auf dem Wasser schmeckt.
Einmal Rügen und zurück
Testfahrt 3 sollte die generelle Funktionsfähigkeit klären und mit welchen Zahlen als defensivste Abschätzung geplant werden kann. Es wurde eine Starkwindfahrt mit Test aller Systeme und einem äußerst zuverlässigen und sparsamen Motor.

Freitag Nachmittag bis Samstag Mittag ging es durch das Stettiner Haff und die Kaiserfahrt hinaus auf die Ostsee. Den alten deutschen Namen für den Unterlauf der Swine zu nehmen ist reine Notwehr gegen den unaussprechlichen polnischen. Dann einmal nach Norden und wieder zurück . Ein Dreieck lässt dort nicht so einfach segeln, da das Fahrwasser von Swinemünde weit rausgeht und so viel Verkehr hat, dass man lieber auf einer Seite bleibt.
In 20 Stunden sind 98 Seemeilen eine Geschwindigleit von knappen 5kt. und damit genau das abgeschätzte Minimum aller Planungen. Dabei fuhren wir aber extrem defensiv. Der Motor drehte nur 1500 rpm und lief damit 5kt, bei Strom oder Wind nicht unter 4,5kt. Die Segel waren die meiste Zeit im Einskommadrittenreff, nur auf der Rückfahrt holte ich die Fock ganz raus, die Genua blieb drinnen.
Es wäre also noch jede Menge Luft nach oben, und bedenkt man, dass die ganze Fahrt Wind von irgendwo vorn war, ist das ein sehr ordentliches Ergebnis. Ich bin also zuversichtlich pünktlich sein zu können. Bei halbwegs optimalen Bedingungen, werden wir sicher zwischen 6 und 7 kt. fahren können.
Das Wetter vom DWD sagte NE4, strichweise Gewitterböen auf 3 abnehmend und rechtdrehend bis Mitternacht. Auf SE drehte der Wind auch, aber die Stärken waren um 2 zu klein. Nach den Molenköpfen von Swinemünde fiel die Zicke Ostsee mit ihren steilen fiesen Wellen über uns her. Jede zweite auf dem Vordeck, jede fünfte auf der Sprayhood, und der Wind blies die ganze Nacht um 20kt in Böen an die 30. Das war also 4-5 in Böen 6-7. Als ich um Mitternacht umdrehte, hatte der Wind zwar auf 4 nachgelassen, jedoch auch auf SE gedreht. Die Rückfahrt war somit leider kein raumer Kurs mit Test des Bullenstanders, sondern wieder gegenan. Wenigstens beruhigte es sich dann auf 15kt und die Wellen wurden erträglich. Hätte ich das gewusst, dann wäre ich drinnen im Haff geblieben. Aber wo wir schon mal da waren…
… da war es dann ein super Test. Alles ist dicht, keine Luke tropft. Im Cockpit hatte ich einen Pulli unter der Weste und Jeans statt Ölzeug. Die feste Sprayhood ist wirklich ein Segen und ich wurde die ganze Fahrt über nicht einmal nass. Das kennen wir auch anders. Die Segel lassen sich auch bei starkem Wind gut führen und man muss dafür nicht aus dem Cockpit. Die Bewegung unter Deck ist durch die kurzen Abstände und vielen Griffen sicher möglich und die neue Elektrik und Elektronik funktionerten wie an Land. Das Gestampfe und Schaukeln schüttelte nichts aus den Schränken, lediglich der Werkzeugkoffer machte einen Kratzer ins Bodenbrett, denn mit dieser See hatte ich nicht gerechnet. Den hässlichen Holzbootshaken muss sich die Ostsee heimlich vom Achterdeck geholt haben, sonst aber gab es keine Verluste und alle Systeme funktionierten wie geplant.



Die Fahrt bis in die Ostsee erst einmal bei Tageslicht zu machen war eine gute Entscheidung. Vor der Kaiserfahrt stehen links und rechts große Flächen von Stellnetzen. Ansonsten wird es bei Nacht kein Problem sein. Einmal haben wir jetzt einen Track zum Nachfahren im Plotter und zweitens ist das alles hell wie eine Bordelltür.

Die Durchfahrt kann man eigentlich nicht segeln. Wenn man bei 5 kt. bleiben will, dann macht man es unter Motor. (Ist ja auch kein Problem mit fünf Reserveimpellern.) Die gesamte Strecke dauert ca. 1,5 Stunden bis in die Ostsee und man sollte sich rechts halten. Sonst überholt einen der Lotse zur Strafe rechts und dreht dann knapp vor dem Bug um.
Nach der Ausfahrt geht das ewig lange Fahrwasser weit in die Ostsee und an beiden Seiten sind Außenreeden mit Ankerliegern. Da muss man Richtung Rügen frühzeitig nach Nordwesten abdrehen.
Resultate
Auf dem Weg zurück reffte ich die Fock aus und testete den Heckgenerator. Er liefert einen sehr soliden Ladestrom bei kaum merklichem Geschwindigkeitsverlust. Und wenn er bei schwachem Wind sinnlos bremst, dann kann man per Schalter den Freilauf einschalten und er läuft dann nur noch mit. Das Absenken und Aufholen des schweren Dings ist allerdings selbst mit Bootshaken ein Kraftakt, den wir vorraussichtlich nur mit abgesenkter Badeplattform machen werden. Von der aus geht es ganz einfach.

Tollerweise ist damit jetzt wieder ein Baustein weg vom Fossil (Generator) funktionstüchtig und neben Solaranlage und Lichtmaschine die dritte Stromquelle verfügbar.
Der alte Furunoplotter zeigt immer noch kein AIS. Das wird vermutlich erst am Ende der Reise gelöst sein, aber das ist auch nicht relevant. Der Laptop mit OpenCPN funktioniert gut, nur das USB Dongle vom NV-Verlag verweigerte den Zugriff auf die Karten, nachdem ich vier weitere dazu registriert hatte. Mal schaun, wie schnell das gelöst wird. Das ist wieder ein Argument für redundante Systeme. Wir haben ja noch zwei weitere elektronische Seekarten dabei und die Papierversion von NV ist auch noch da. Die Logge zeigt 0 Fahrt an, ich habe sie vermutlich falsch herum eingesetzt, das werden wir aber noch hin bekommen. (Außerdem sieht man an der Nica, dass eine Logge mit Anzeige völlig überbewertet wird :-).
Das einzige was nicht ging, waren nachts die automatischen Positionsnachrichten des Satellitentelefons als eMails heim ins Reich. Das Ding konnte am Navtisch auf einmal keine GPS Daten empfangen, da diese nicht von der externen Antenne am Heck kommen, sondern mit einer internen im Geräte empfangen werden. Nun sind bei Nachtfahrt wegen Rotlicht im Rumpf alle Vorhänge zu. Diese haben aber ein Geflecht aus Metallfäden eingewebt um stabiler zu sein. Dieses Netz verhindert den GPS Empfang im Rumpf bei geschlossenen Vorhängen. Sobald man den Vorhang am Navtisch öffnet, geht es wieder. Wie hätte Spock gesagt – faszinierend!

Der gesamte Rest funktionierte bestens und alle Vorbereitungen waren erfolgreich. Die Geschwindigkeit kann jetzt gut abgeschätzt werden. Das Boot ist keine Rennziege aber einmal in Fahrt bringt es einen überall hin. Durch das Rollreff im Baum kann man auch Nachts das Groß bequem aus und ein reffen. Das Centercockpit verliert durch die feste Sprayhood seinen großen Nachteil der Ungeschütztheit und ich fühle mich darin zu jeder Zeit sicher. Durch die beiden Vorsegel kann man zwischen Genua und Fock wechseln ohne aufs Vordeck zu müssen. Das alles erlaubt es auch Nachts etwas mehr Risiko zu gehen. Wir können also guten Gewissens losfahren und nächste Woche mache ich mal das gleiche wie die anderen Schlickrutscher – ich putze das Deck!